Marvel’s Spider-Punk gewinnt den Kostümwettbewerb

Der Spinnenwahn hat mich erneut ergriffen. Nachdem die Sam Raimi-Trilogie meine kindliche Bewunderung für den Spinnenboy erstmals auslöste, ebbte die Begeisterung nach und nach ab. Ein Videospiel für die 360 brachte meine Bewunderung zum Spinner kurzzeitig zurück, ein schwungvolles von spielerischem Flow durchtriebenes Gameplay hatte mich überzeugt. Hohe Häuserschluchten durch die es sich zu schwingen galt und ein mäßiges Prügelsystem sorgten für ein wahrscheinlich nur durchschnittliches Spiel. Ich mochte das Spiel, doch ist Spidey nicht gerade für eine erfolgreiche Videospiel Historie bekannt. Insomniac Games wollen sich mit Publisher Sony diesem Problem nun annehmen.

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Marvel’s Spider-Man bietet einen ausgiebigen Fotomodus

Wir wären hier nicht beim Swagcheck würden wir die Themen nicht auf ihre inhaltliche Relevanz überprüfen und unsere investigative Integrität bewahren indem wir uns zuallererst ein paar Fragen stellen:

Was macht Spider-Man so faszinierend? Was macht ihn zum wahrscheinlich beliebtesten aller Superhelden? Er ist eine Vorbildfunktkion für Jung und Alt. Er engagiert sich, besitzt einen stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und den aufopfernden Willen sich stets und immer für seine Mitmenschen einzusetzen, und den Zwang ständig einen mal mehr mal minder erfolgreich auflockernden Spruch abzulassen. Zudem versucht er seine unterschiedlichen Leben in Balance zu halten, was ihn zu einer starken Identifikationsfigur für die Zuschauer macht. Auch wenn die meisten Leute schon beim bloßen Gedanken – neben einem gefeierten Superheldenalltag noch fleißig im Forschungslabor auszuhelfen, der Tante mit der Arbeit im Obdachlosenheim Unterstützung anzubieten, sowie noch einen Funken von Privatleben zu führen – zur direkten Resignation antreten dürften. Er führt uns viele positive Charaktereigenschaften vor, welche auch für Normalmenschen erstrebenswert sein können. Doch was hebt ihn sonst noch ab, von uns und anderen Superhelden? Die Fähigkeit sich mit einer akrobatischen Anmut durch den Großstadtdschungel zu schwingen, dass einem die Luft stockt. So ist genau dies auch das Alleinstellungsmerkmal der Spiele. Das „Sich-durch-Hochhausschluchten-Schwingen-Gameplay“ wird in Insomniacs Spider-Man ein weiteres Mal zelebriert und perfektioniert. Es entsteht ein Geschwindigkeitsgefühl wie es kaum ein Rennspiel besser übermitteln könnte und ein Gameplay Flow, wie in kaum einem anderen Open World Spiel. Wo man in anderen Open World Titeln, jeden überflüssigen Laufweg durch die Schnellreise-Funktion überspringen würde, schwingt man hier mit freiwilligem Elan durch Manhattan, New York.

Inwiefern wäre der Eintritt des Spider-Mans in die Liga der Videospielswagger allerdings gerechtfertigt? Immerhin ist er eine dieser verwegenen Superheldencomicfiguren und entstammt auch aus solchen. Wohin mit der Integrität, wenn hier plötzlich sämtliche Rahmenbedingungen und Grenzen aufgesprengt werden? „Der ist doch gar keine originale Videospielfigur! Was soll das werden?“ Jaja ich weiß, der Aufschrei wird groß sein, aber lasst es uns objektiv betrachten, im Sinne der Mode, denn wer in seinem neuesten Spiel ein so immenses Kostümangebot zur Schau stellt, darf im Swagcheck einfach nicht außer Acht gelassen werden. Auch wenn es sich um einen ursprünglichen Comiccharakter handelt, auch wenn es einer dieser ausgelutschten und breitgetretenen Superheldencharaktere ist. Oder gerade weil, es der freundliche Spinner, sorry, die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft ist. Denn wer so eine üppige Videospielgeschichte anzubieten hat, seit über 30 Jahren und über eine Vielzahl von Konsolen Präsenz zeigt, hat vielleicht auch Swag.

Alleine der angegebene Vorbestellerbonus zeugte bereits von kosmetischem Interesse innerhalb des Spiels. So sollten Vorbesteller fünf, FÜNF, exklusive? Outfits für ihren individualisierbaren Spidey erhalten. Der Fokus der Entwickler ist offensichtlich. Sie zielen darauf ab in die Liga des Swags aufgenommen zu werden. Jedoch sind die meisten seiner Anzüge traurigerweise auf maximale Funktionalität konzipiert und bedienen leider kaum oder im Geringsten einen modischen Anspruch, wodurch sie sich für den Swagcheck disqualifizieren. Lediglich das Punk-Outfit, welches sich durch einige unnützige Merkmale und rein modische Accessoires auszeichnet, kommt in Frage. Ob Spider-Punk den Eintritt in den Pantheon der großartigsten und swaggerhaftesten Videospielcharaktere aller Zeiten findet?

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Pros:

  • angelehnt an das traditionelle Kostüm, jedoch mit modischen Erweiterungen
  • Spidey-Sneaker im retrohaften „Chucks“-Look
  • zerrissene Jeansweste bestückt mit bunten Buttons
  • Maskenerweiterung: Spikes in Mohawk-Formation
  • flexible und zu verschiedenen Ausdrücken fähige Augenmaske
  • edgy Nietengürtel- und Armbänder

Cons:

  • verzögert die Superhelden-Startbereitschaft durch eine verlängerte Umkleidedauer
  • verminderte Aerodynamik durch unzulängliche Kleidungsobjekte

Spider-Punk ist ein Konglomerat aus aktuellen und vergangenen Modeerscheinungen. Er trägt weiterhin das traditionelle Spider-Man Kostüm mit Stolz, erweitert es aber durch zielgruppenorientierte Punkmerkmale. Durch seine langjährige Videospielpräsenz schafft er es sich gerechtfertigt für die Liga zu qualifizieren und tritt dazu auch in einem akzeptablen Dress an.

Allerdings ist er ein übler Streber. Spidey ist der perfekte gelackte Held. Spidey lebt seinen Zuschauern und Fans eine utopische Lebensweise vor, meistert seine unzähligen unterschiedlichen Leben ohne keines davon zu vernachlässigen, ohne jemals Reue ausüben zu müssen. Er tut immer das Richtige, trifft immer die richtigen Entscheidungen, alles sitzt, passt und stimmt. Es gibt keine Fehler. Er hat immer die richtigen Antworten, die nützlichsten Erfindungen, die tollste Freundin, die coolsten Antagonisten, die spaßigste Fähigkeit. Selbst seine Frisur scheint stets perfekt zu sitzen, noch nach stundenlangem Tragen eines Bodysuits. Deshalb nur 7 von 10, er ist einfach zu perfekt, es fehlen die Ecken und Kanten, er ist einfach nicht greifbar. Eben wie eine sich mit rasanter Wendigkeit bewegende Spinne. Da hilft nur drauftreten. Irgendwo, tief im Inneren, muss eine Leere herrschen, die Leere seines Erschaffers, Spidey ist eine Wunschvorstellung Stan Lees. Spider-Man lebt nicht. Spider-Man ist tot.

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