Mit dem Release von Pokemon Lets Go wird Neuankömmlingen der Einstieg ins Trainerdasein einfacher denn je gestaltet. Doch auch der ein oder andere alteingesessene Veteran dürfte Gefallen an der absoluten Vercasualisierung finden können. Denn es spielt mit vergangenen Gefühlen, lässt sie wieder neu aufkeimen, es fährt die Nostalgieschiene. So sehen wir in diesem Remake der Ursprungseditionen viele Orte und Personen wieder, die schon damals begeisterten oder auch unsäglich nervten. Im Vertaniawald hatte sich mein unbescholtenes 6 jähriges Ich damals so einige Male verlaufen, und der Terror dieses Waldes verknüpft mit der einprägsamen Musik brannte sich in mein Hirn. Im Vertaniawald fiel ich wohl auch das erste Mal in Ohnmacht, wenn auch nur virtuell, es gleichte einer realen Erfahrung, dieser grausige Wald. Nach gefühlt stundenlangem Herumlaufen, Random Encounters und Trainerkämpfen, machten meine Pokémon schlapp. Dann hieß es erneut den Wald betreten. Irgendwann hatte ich es geschafft den Wald zu durchblicken und der Ausgang lag in Reichweite, nur noch ein sichtbares Hindernis lag vor mir:
der Inoffizielle Endboss und Waldwärter, der (ein weiterer) Käfersammler.
Der Käfersammler ist eine standhafte Konstante innerhalb des bitteren Videospielbusiness. Seit 1998 die ersten ersten Editionen an den Start gingen, bis heute in den Let’s Go Editionen ist ihm ein Auftreten garantiert. Mit seinen schrecklichen Käferpokemon und einem schnippischen Grinsen versucht er seit jeher den Spielern das Leben zur Hölle zu machen und zieht weltweit Unsympathien auf sich. Was steckt dahinter? Mag er wirklich Käferpokémon? Von allen möglichen Typ-Spezifikationen sucht er sich beabsichtigt die Unbeliebteste aus, noch unbeliebter als Typ Fee, sucht Trainerkämpfe, obwohl er sich als Sammler bezeichnet. Ist er der Antiheld der Pokémon-Reihe? Oder nur ein verwirrter Bengel, der nach Streit sucht?
Möglicherweise durchtreibt ihn auch eine schwierige Persönlichkeitsstörung, so stellt er sich nämlich in all den Begegnungen mit dem Spieler, jeweils wieder mit anderem Vornamen vor. Hat er die Kontrolle über sich verloren und steht unter dem Bann eines mind controlling Käferpokémons?
An dieser Stelle möchte ich einen Trivia-Eintrag von der Seite pokewiki zitieren:
„In Pokémon Rot, Blau und Gelb sowie Pokémon Feuerrot und Blattgrün gibt es auf Route 3 einen Käfersammler, in Feuerrot und Blattgrün Attila genannt, der behauptet den Spieler schon mal im Vertania-Wald angetroffen zu haben.
- Da in der ersten Generation die Nicht-Spieler-Charaktere allesamt namenlos sind – wichtige NPCs wie der Rivale und die Arenaleiter ausgenommen – könnte er durchaus einer der Käfersammler sein die der Spieler im Vertania-Wald antreffen kann.
- In der dritten Generation allerdings gibt es keinen Käfersammler namens Attila im Vertania-Wald, was die Behauptung von Attila auf Route 3 etwas fraglich erscheinen lässt.“
Es ist offensichtlich. Den Spielern wird hier Wissen verwahrt. Es existiert ein Pokémon, welches die vollständige Übernahme eines selbst gewählten Wirts übernehmen kann. Es soll nur keine Panik unter dem Volk geschürt werden. Skandalöses Verhalten seitens der Pokémon soll unter Verschluss gehalten werden, niemals hätten wir gedacht sie könnten fehlbar sein! Das ist doch paranoider verschwörungstheoretischer Quatsch. Ja stimmt, viel eher handelt es sich beim Käfersammler um eine Identitätsstörung. Das viele Sammeln unterschiedlichster Käfer spaltete sein Bewusstsein auf. Deshalb taucht er auch jedes Mal mit einer neuen Anordnung an Käfern auf, er kann sich nicht für ein Team entscheiden, er musste seine Käfer in verschiedenste Teams aufspalten und ebenso seine Persönlichkeit. Jedem Line-up an Käfern ist ein anderer Käfersammler zugeteilt. Matthias, Uli, Udo, Götz, Eusebius, Gangolf, Gerit, sie alle sind: Der Käfersammler.
Pros:
- langjährige Treue zum Outfit
- Ikonen Status,
- solide Sneaker Cargo-Shorts Kombination
Cons:
- Kescher symbolisch für besitzergreifend
- Pokémon Käfigbox gilt als Unterdrückerwerkzeug
- löst bei seinen Auftritten ein unbehagliches „oh nee, der schon wieder“-Gefühl aus
- wird häufig versucht zu umgehen
Der Käfersammler hat vielleicht eigenes großes Leid zu tragen, dies rechtfertigt jedoch nicht eigenes empathieloses Handeln. Er greift beim Fangen von Pokémon auf Käfigboxen, Fallen und seinen Kescher zurück, welche mittlerweile als verwerfliche Unterdrückerwerkzeuge gelten. Anstatt einfach wie jeder andere Trainer die gut bewährten Pokébälle zu verwenden, welche den Pokémon einen eigenen großen Aufenthaltsplatz mit angenehmen Komfort bieten, greift er auf veraltete Konventionen zurück. Seinen Kontrollzwang sowie sein rücksichtsloses Verhalten kann man nicht gutheißen, aber er hat auf jeden Fall seinen Style gefunden, den er auch seit Jahrzehnten nach außen trägt. 2 von 10.
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