Ein Königshaus setzt auf einen Drachen ein Kopfgeld aus, da dieser die Ländereien terrorisiere. Unerhört! Daraufhin bildet sich um uns herum eine graduell anwachsende Abenteuergruppe. Wir beginnen als abenteuerhungriger und von sich selbst überzeugter Held mit einem Hang zur Raffgier, an unserer Seite befindet sich zunächst lediglich ein fantastisches Tierwesen, zu dem wir eine noch unerklärte tiefe Bindung besitzen, die später noch größere Relevanz erhalten könnte. Als erstes schließt sich eine begabte dunkle Hexe unserer Gruppe an. Welches unsere eigenen sowie die Beweggründe unserer Gruppenmitglieder:innen sind, wird im Verlauf der Erzählung erst offenbart. Zunächst erscheint es uns so als sei das ausgehängte Kopfgeld Grund genug. Die wahren Intentionen bleiben vorerst verdeckt, unerhört.
Nichts in dieser Welt besitzt eine eigene Stimme. Alles erhält lediglich durch einen Erzähler Stimme und Hintergrund. Dargestellt wird alles mittels Karten, wir selbst bewegen uns als Karte fort, jede einzelne Person ist eine Karte, die Umwelt besteht aus Karten und im Kampf- und Dialogsystem stellen Karten unsere Fähigkeiten, Aktionen und Optionen dar, welche wir ausspielen können. Konträr dazu handelt es sich hier aber eher um ein klassisches JRPG, sowohl das Spielsystem, als auch die Erzählung. Die Darstellung durch Karten ist rein stilistische Maßnahme, spielmechanisch wird kein Bezug hierauf genommen. Mit einer Ausnahme: es gibt ein Spiel im Spiel. In Tavernen kann ein tatsächliches Kartenspiel gespielt werden, in welchem Karten mit Karten spielen. In einem von Yoko Taro erdachten Spiel muss wohl auch immer die Metaebene betreten werden. Die Spielwelt decken wir nach und nach auf. Zunächst liegen die Karten verdeckt – mit Betreten eines verdeckten Kartenfeldes, decken wir dieses auf und erschließen uns so die Welt. Betreten wir eine offengelegte Karte, beispielsweise einen NPC, treten wir mit diesem in Aktion. Erst der Erzähler, die Stimme der Karten, aller Karten, verleiht diesen ihren Charakter und der Spielwelt einen eigenen geschichtlichen Umfang. Der Drang jede einzelne Karte aufzudecken, sie so zu erhören und sich die Geschichte zu erschließen, wird somit trotz des minimalistischen Stils, gut aufrechterhalten.
Oberflächlich betrachtet mag die Erzählung wie eine Überladung an Rollenspielklischees wirken und auch der Stil könnte auf den ersten Blick nicht allzu mitreißen, ohne eine übliche dreidimensionale effekthascherische Spielumgebung, ohne vertonte Spielfiguren und ohne großartig aufwendige Animationen. Spielmechanisch ist es simpel gestrickt und auch visuell bietet es kein Spektakel. Doch trotz allem weckt es den Entdeckungsdrang. Rein durch die Erzählerstimme wird das Abenteuer kontextualisiert, sie macht das rein aus Karten bestehende Abenteuer greifbar und verleiht den plump erscheinenden Figuren interessante Charakterisierungen. Erst die Stimme der Karten lässt es zu einem tatsächlichen Abenteuer werden. Wir decken Karten auf, bringen mehr in Erfahrung, vielleicht auch mehr über diesen sagenumwobenen und angeblich Schrecken verbreitenden Drachen. Vielleicht steckt hinter dem Geschrei des Drachen etwas anderes als das oberflächlich Erwartete, eine uns noch verdeckte Karte. Und vielleicht stellen wir dann auch fest, dass hinter einer jeden glänzend hübschen doch plumpen Aufmachung von einer Vorderseite einer Karte, auch noch eine Rückseite mit erklärendem und kontextualisierendem Text steht – eine unerhörte Stimme, eine verdeckte Seite einer Karte.