Erste Schritte in Elden Ring

Meine ersten Schritte waren wie erwartet, leidvoll und schwer. Auch wenn sie es eigentlich nicht hätten sein müssen. Meine ersten Schritte leiteten mich fehl. Meine Füße konnten mich kaum noch tragen und ich sinnierte mit düstren Gedanken wie dem Aufgeben. Zunächst war alles wunderbar, ich fand das in einem Loch versteckte Tutorial, nahm einen Fahrstuhl zur Oberwelt und da war sie – Die riesige, offene und hoch zelebrierte Spielwelt designed by FromSoftware. Das Heilsversprechen für die OpenWorld überdrüssig Gewordenen. Doch wie riesig und wie offen diese Open World wirklich ist sollte ich mit schlagartig eintreffender Vehemenz zu spüren bekommen. 

Mit Elden Ring bedient From Software nun tatächlich den Mainstream, den riesigen und offenen Markt mit ihrem riesigen und offenen Spiel. Grundsätzlich wird das Spiel gepriesen, Von Spieler:innenseite, sowie von der Fachpresse. Wertungen die sich kaum noch übersteigen können, die Memebarkeit der Spielereignisse sowie jüngste Sales Berichte bestätigen zumindest den Erfolg und krönen From Software nun als letztendlich angekommen. Angekommen in der offenen Welt, in unserer Welt. Diese Preisungen hievten FromSoftware nun auf dem Rücken einer schon vertrauten Spielerschaft hin zu einer neuen unbekannten Spielerschaft mit neuen unbekannten Erwartungen. Einem Spiel, welches solche Resonanzen erzeugt, kann kaum noch ausgewichen werden. Das Spiel wird gekauft. Doch das Verlassen einer vertrauten Umgebung in die offene Welt, kommt auch mit dem Entdecken vieler neuer Erfahrungen und Meinungen einher, mit denen From Software sich nun konfrontiert sehen. Die Forderungen und Debatten über einen Easy Mode werden wieder lauter. Für viele Neulinge kommt dann auch noch die mangelhafte User Freundlichkeit hinzu, die teils zwar auch den Reiz der Spielerfahrung auszumachen scheint, doch nun zu einem Dilemma führt. Viele Spieler:innen empfinden gerade dies als Affront gegenüber ihre wertvolle Zeit. Wir sind es schlicht nicht mehr gewohnt uns vieles selbst erschließen zu müssen. In vielen Bereichen des Lebens, sowie in Videospielen, lassen wir uns lieber passiv hindurchführen, geben die Entscheidungsfindung lieber ab, an Technologien und Algorithmen, die uns den Alltag erleichtern sollen. Doch gerade im Fehlen dieser Erleicherungen liegt teils die Stärke Elden Rings. Wir werden dazu angehalten aufzupassen, Entscheidungen zu treffen und Konsequenzen zu tragen. Erste Schritte in Elden Ring sind kein Teil eines Benutzerhandbuchs, wie vielleicht andernorts, sondern eine Erfahrung. Sie können direkt ins kalte Wasser führen, aber auch sanft und federleicht aufgefangen werden. Je nachdem, wie man sich entscheidet.

Ich entschied mich dazu einige Schritte abseits des sanften, gut durchleuchteten Pfades zu laufen. In den düstren Sümpfen gleich neben des noch recht harmonisch wirkenden Startgebiets fand ich einen kleinen Rastplatz. Um ein Lagerfeuer herum warfen diese vermutlichen Wegelagerer ihre Schatten. Eine bewerkstelligbare erste kleine Prüfung, dachte ich mir. Und ja, ich beseitigte die Wegelagerer und plünderte ihren Rastplatz. Und da war sie, eine erste Truhe, mein erster Schatz. Beschwingt vom Belohnungsgefühl entschied ich mich natürllich sie zu öffnen. Da passierte es. Durch unerklärliche, vermutlich magische Teleportation wurde ich von dieser harmlos erscheinenden Kiste aufgesogen und in einen weit entlegenen und mir völlig fremden Bereich der Spielwelt wieder ausgespuckt. Der Ort erschien mir wie eine Mine in welcher einschüchternde Minenarbeiter ihre Arbeit verrichteten. Unwissentlich darüber wo genau ich mich hier befand nahm ich freudig einen ersten Ort der Gnade entgegen und aktivierte diesen. Dies sollte mein erster Rücksetzpunkt werden, meilenweit entfernt vom eigentlichen Startgebiet. Gleichzeitig nahm ich mir damit auch jegliche Rückkerhmöglichkeit, von nun an würde ich bei einem Spieltod immer wieder in dieser einschüchternden Mine landen. Die Möglichkeit der Schnellreise und des Reitens erhält man eigentlich schon relativ früh, doch diesen Dingen bin ich ja unwissend ausgewichen. Nun musste ich mir erst einmal einen Weg aus dieser Mine herausbahnen. Die Mine konnte ich recht schnell verlassen, doch dann eröffnete sich mir ein erster Blick Ausweglosigkeit. Umrungen von hohen Gebirgsformationen und einem einzigen Pfad, der durch einen giftigen Sumpf und scharlachroter Atmosphäre zu führen schien. Fremde noch nie gesehene Monstrositäten, die in ihrer Gesinnung nicht zuzuordnen waren, geisterten durch diese blutüberströmten und seuchengeplagten Ländereien, welche sich als das sogenannte Caelid herausstellten. Zurück in die Mine. Es muss doch eine Kiste geben, die mich zurückbringt, oder zumindest einen Weg nach oben, denn den Pfad den mir diese giftige Schlucht bot, wollte ich zunächst nicht annehmen. Doch die Mühe war vergebens, ich musste mich durch diesen Sumpf quälen. Natürlich hätte ich auch einfach neu starten können, doch dies war nun mein Abenteuer, meine Aufgabe. Als Kenner der From Software Spiele dachte ich mir, ich sprinte mir einfach meinen Weg zurück, so wie es in so vielen anderen derer Titel möglich ist. Drei Stunden später und unzählige beunruhigende Begegnungen später, schaffte ich es auch tatsächlich am gefühlten Heimatort wieder anzukommen, erschöpft und verstört, doch irgendwie auch stolz. Meine ersten Schritte ließen blutige Spuren zurück, führten mich durch verdorbene Länder, beeindruckende Strukturen, wundersame Wälder, vorbei an einem Drachennest und vielen anderen Orten an denen ich noch nicht hätte sein sollen. Doch das Spiel überließ mir diese Entscheidung, gab mir diese Möglichkeit, die Möglichkeit zur Selbstqual. Auch im Angesicht der Ausweglosigkeit bietet sich stets ein alternativer Pfad, der vor alternative Ungetüme und alternative Ausweglosigkeiten stellt. Deshalb dann doch lieber zurück in die Anfangshöhle. Viele Spieler:innen werden sich vielleicht erst einmal wieder verkriechen. Viele wird es auch wieder zurücktreiben, gepackt vom Ehrgeiz und Entdeckungsdrang, werden sie sich wieder hinaus aus der Höhle wagen und ihre einstigen ersten Schritte erneut beschreiten. So wie auch meine ersten Schritte es waren, zurück zu meinen ersten Schritten zu finden.

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